Hör, Buch!

Früher hab ich in U- und S-Bahnen ordentlich was weggelesen.
Als mittlerweile Hardcore-Pendler ist das mit dem Lesen so eine Sache, also beschäftige ich meinen Kopf während der langen Fahrten zu und von der Arbeit mit Hörbüchern, von den ich mir hin und wieder welche kaufe, von denen ich mir viele aber auch aus dem Netz lade.
Und da heißt es vorsichtig sein: weniger wegen irgendwelcher Urheberrechtsverletzungen – das Netz bietet da meist so steinalte Texte, dass es wohl schon wieder wurscht ist. Die Schnupperdateien bei Tonspion... – wo wollte ich eigentlich hin?
Ach ja, genau.

Bei gekauften wie bei geschenkten Hörbüchern ist es anscheinend genau so wie bei den gedruckten Sachen: Wenig wirklich Gutes und viel Dreck findet sich da.
So habe ich z.B. nur die erste von sechs CDs "Ensel und Krete" ertragen, danach hate ich genug von dem schleimig-lustigen Gewürge, bei dem mir ständig das eifrig lächelnde Mondgesicht von Dirk Bach einfiel, der sein Publikum fragt: "Na, bin ich gut? Ich bin doch gut, oder?" Das mag daran liegen, dass auch tatsächlich Dirk Bach diesen an sich ganz schönen Text zerliest.
"Der Schwarm" von dem bereits früher besprochenen Frank Schätzing ist, als Hörspiel, durchaus spannend, aber wieder sind die letzten Kapitel (und hier ganz besonders die Nahtod-Erfahrung von Sigur Johannsson und Karren Weavers Begenung mit den Yrrh) kaum erträglich: Yrrhelvantes Geschwätz über blaues Licht, also etwas, was Herr Schätzing halt nirgends hat recherchieren können.
"Angst und Schrecken in Las Vegas" ist zu einem Drittel (Martin Semmlrogge) großartig, zu einem Drittel (Smudo) okay und zu einem Drittel (Günter Amendt) einschläfernd.
"Fleisch ist mein Gemüse" wird von Herrn Strunk eher noch gelebt als nur gelesen. Wunderbar.

So viel zu den gekauften Hörbüchern.
Und die kostenlosen?
Ich empfehle alle Sherlock Holmes-Geschichten bei den Vorlesern. Dort gibt's auch gute Ware von Bocaccio und eine sehr schöne Spukgeschichte von Rudyard Kipling.
Zum Schluss eine Warnung: Franz Kafkas "Die Verwandlung" ist in der Lesefassung von Martin Schlederer ein eher zwiespältiges Vergnügen. Im Verlauf der tragischen Kerbtier-Geschichte wird der ohnehin eher gleichförmige Tonfall immer müder, verschliffener und schludriger, mehrfach werden Namen verwechselt (Gregor Samsas Schwester heisst leider Grete) und so sind alle, Vorleser wie Zuhörer, nach 140 Minuten erleichtert, dass es mit Gregor und seiner Geschichte zu Ende gegangen ist. Aber der gute Wille zählt.

P.S. Am allermeisten Weghörenswertes gibt es im Übrigen hier.

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